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Deutsche Sprache in Finnland stärken: Forderungen der deutschsprachigen Länder

05.07.2023

Noch ist die deutsche Sprache eine der meistgelernten Fremdsprachen in Finnland, vor ihr liegen nur Englisch und das als zweite Landesprache bedeutende Schwedisch. In den letzten Jahren ist ein deutlicher Rückgang der Deutschlernenden in Finnland festzustellen, so schreiben es die Botschaften der drei deutschsprachigen Länder in Finnland.

Ein „Thesenpapier zur Verbesserung der Förderbedingungen von Deutsch als Fremdsprache (DaF) in Finnland“ haben die Deutsche Botschaft Helsinki, die Botschaft der Republik Österreich und die Botschaft der Schweizerischen Eidgenossenschaft gemeinsam im Juni 2023 vorgelegt. Mit vielen weiteren Partnern, darunter auch wir als Deutsch-Finnische Handelskammer (AHK Finnland), setzen sich die Botschaften für eine Verbesserung der Förderung von Deutsch als Fremdsprache und die Förderung der Mehrsprachigkeit in Finnland ein.

Warum ist die Förderung der deutschen Sprache jetzt so wichtig?

Heute lernen nur rund halb so viele Schüler*innen in Finnland Deutsch als A-Sprache wie Schüler*innen um die Jahrtausendwende: Im Schuljahr 2021/2022 lernten 14.112 SchülerInnen der Klassen 1-6 Deutsch als A-Sprache (3,9%) – im Jahr 2000 lag diese Zahl mit 27.303 (8,5%) noch fast doppelt so hoch.

Im Klartext: Das Niveau an Deutsch, dass heute noch z.B. im Arbeitsleben als skill eingebracht werden kann, werden die Schüler von heute in ein paar Jahren nicht mehr in die finnische Arbeitswelt einbringen.

Auch an Universitäten zeigt sich ebenfalls ein deutlicher Rückgang: Germanistik-Fachbereiche gab es 2021 noch an sechs finnischen Hochschulen, 2015 waren es noch acht. Die Zahl der Germanistik-Professuren nimmt stark ab: Ende der 1990er gab es jeweils zwei in Vaasa, Jyväskylä und Tampere, sowie in Turku und Helsinki jeweils vier Professuren. 2021 gab es nur noch sechs, jeweils eine an jedem der verbliebenen Institute.

Demgegenüber steht weiterhin ein Bedarf an Deutsch-Sprechenden. Die mehr als 300 in Finnland operierenden deutschen Unternehmen (z.B. Lidl, Bauhaus, BASF, Bayer, Bergmann, Siemens, aber auch viele kleinere und mittlere Unternehmen [KMU]) haben einen Bedarf an Personal mit Deutschkenntnissen, den sie nicht decken können – dies ist der Fall für 40% der Logistikunternehmen, 25% der Industrie und 20% im Handel. Zusätzlich geben 15% der finnischen KMUs an, dass die deutsche Sprache in ihrem Unternehmen gebraucht wird. Dabei wird von finnischen Unternehmen eine zunehmende Bedeutung für Deutsch beschrieben.

 

Weitere gute Gründe für eine Förderung von Deutsch in Finnland

  • Deutschland ist seit Jahren Finnlands wichtigster Handelspartner, gemeinsam mit der Schweiz und Österreich lag der Anteil am Handel bei 14,4% der finnischen Im- und Exporte im Jahr 2022. Unternehmen aus deutschsprachigen Ländern beschäftigen etwa 40.000 Arbeitskräfte in Finnland und erzielten 2021 einen Umsatz von insg. rund 20 Mrd. Euro. Die etwa 400 finnischen Unternehmen, die in diesen Ländern ansässig sind, erzielten 2021 einen Umsatz von insgesamt 146 Mrd. Euro.
  • Touristen aus den drei Ländern stellen einen wichtigen Faktor für den finnischen Tourismus dar: Im Jahr 2019 gab es rund 900.000 Übernachtungen von Österreichern, Schweizern und Deutschen in Finnland. Deutschland belegt seit Jahren Platz 2 in der Tourismusstatistik.
  • Im Bereich des Hochschulaustausches stellen Studierende aus den drei deutschsprachigen Ländern seit Jahren die größte Gruppe, Deutschland allein führt die Statistik der ausländischen Erasmus-Studierenden in Finnland an (2022: ca. 2.000) – umgekehrt ist Deutschland das beliebteste Land für Erasmus-Austausche. Ähnlich ist die Situation bei weiteren Stipendien- und Austauschprogrammen (z.B. des DAAD).
  • Etwa 70 Städtepartnerschaften sowie aktive Regionalpartnerschaften wie zwischen Oulu und Baden-Württemberg und die Aktivitäten der Freundschaftsvereine, inklusive der Organisation von Schüleraustauschen, halten die Beziehungen lebendig.
  • Auch in vielen Bereichen der Freizeitgestaltung und Hobbys spielt die deutsche Sprache eine wichtige Rolle, z.B. in den Bereichen Musik, Kunst, Sport oder Reisen.

 

Thesenpapier mit 14 Vorschlägen zur Förderung von Deutsch und generell Fremdsprachen in Finnland – eine Auswahl

  • Neben der Förderung von Sprachlehrstühlen und der Unterstützung von Austauschprogrammen sollte studienbegleitende Deutschunterricht als ein integraler Teil der Fachstudien verstärkt gefördert werden. Denn fachbezogenes Deutschlernen wird zunehmend wichtig z.B. im wirtschafts-, gesellschafts- und rechtswissenschaftlichen Bereich für die spätere Arbeitsplatzsuche.
  • Sprachen zu erlernen und Austauschprogramme zu absolvieren sollte durch Strukturen (Credits für Studierende) und finanzielle Anreize (Zuschüsse für Hochschulen mit erfolgreichen Programmen im Sprachbereich) honoriert und gefördert werden, auch in MINT-Fächern oder Wirtschaftswissenschaften. Ganz konkret brauche es auch Hochschul-Kurse wie z.B. „Deutsch für Maschinenbauer“.
  • Für ein nachhaltiges Sprachenlernen sollten Kooperationen zwischen Hochschulen und Schulen sollten gestärkt werden.
  • bei den generellen und hochschulspezifischen Aufnahmekriterien an Hochschulen sollte Mehrsprachigkeit belohnt werden
  • Im Bereich Schulen und Gemeinden sollten z.B. Elternabende zum Erlernen von Fremdsprachen ermutigen. Denn das gleichzeitige Lernen dreier Sprachen ist nach pädagogischen Erkenntnissen keineswegs eine Überlastung der Kinder, sondern enthält dagegen enorme Zukunftschancen für Kinder.

 

Deutsch in Finnland – ein kurzer Rück- und Ausblick:

Deutsch als Sprache ist tief in Finnland verwurzelt, nicht zuletzt aufgrund seit Jahrhunderten bestehenden Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu deutschsprachigen Ländern, aber auch durch den Austausch in Religion, Kultur, Politik und Wissenschaften. Eine Vielzahl von Gründen sprechen dafür, das Erlernen mehrerer Fremdsprachen zu fördern. Das Anliegen richtet sich somit nicht gegen andere Sprachen, auch nicht gegen Englisch als Lingua franca und „life skill“.

Ein positives Beispiel: In der Stadt Tampere starten 15% der Schüler*innen ihre Schullaufbahn mit Deutsch als A1-Sprache.

 

Lesen Sie hier das gesamte Thesenpapier